Erich Heckel als Gymnasiast

1883
Geboren am 31. Juli in Döbeln bei Chemnitz als Sohn eines Eisenbahnbauingenieurs. Zwei ältere Geschwister, Elsa und Manfred. Der Beruf des Vaters erfordert häufige Ortswechsel. Kindheit im Erzgebirge.

1904
Besuch des Realgymnasiums in Chemnitz. Seit 1901 mit dem ein Jahr jüngeren Karl Schmidt aus dem benachbarten Rottluff befreundet. Gemeinsame Malausflüge. Vor allem aber ist er literarisch interessiert, frühe Ambitionen als Dichter. Prägender Einfluss durch die Schriften Nietzsches.

Nach dem Abitur Beginn eines Architekturstudiums an der Technischen Hochschule in Dresden. Dort lernt er die älteren Kommilitonen Ernst Ludwig Kirchner und Fritz Bleyl kennen. Schließt sich ihnen beim gemeinsamen künstlerischen Arbeiten als Autodidakten an.

Erste Holzschnitte und das früheste, heute noch erhaltene Ölbild (heute im Brücke-Museum) entstehen.

1905
Schmidt-Rottluff kommt ebenfalls zum Studium der Architektur nach Dresden. - Die vier Studenten gründen am 7. Juni 1905 die Künstlergruppe „Brücke“, die in erster Linie als Ausstellungsgemeinschaft gedacht ist. Schon im November findet die erste Gruppenausstellung von „Brücke“ in Leipzig statt.

Heckel arbeitet zum Broterwerb als Zeichner im Büro eines Architekten (bis 1907). –

Erste Begegnung mit Werken Vincent van Goghs in der Dresdner Galerie Arnold; im folgenden Jahr mit Edvard Munch im Sächsischen Kunstverein, 1907 mit Gauguin und Cézanne in Berliner Ausstellungen.

1906
Heckel entscheidet sich für ein Leben als Künstler und bricht das Architekturstudium ab.

Max Pechstein, der Schweizer Cuno Amiet und Emil Nolde (dieser nur bis November 1907) treten als aktive Mitglieder bei.

Daneben bemüht sich die Gruppe mit zunehmenden Erfolg, sog. passive Mitglieder zu gewinnen, die ihre Arbeit begleiten und fördern und für die „Brücke“ alljährlich eine Mappe mit Originalgraphik zusammenstellen wird. Heckel übernimmt die Aufgabe eines Geschäftsführers (in der er sich gelegentlich mit Schmidt-Rottluff abwechselt). In dieser Eigenschaft organisiert er in den folgenden Jahren die zahlreichen Wanderausstellungen der Gruppe. (Für die Jahre bis 1913 sind 75 Stationen bekannt.)

Heckel mietet einen leerstehenden Laden in der Friedrichsvorstadt (Berliner Straße 60), der zum ersten gemeinsam genutzten Atelier wird. Die Dienstwohnung seiner Eltern liegt schräg gegenüber (Nr. 65) und ist bis auf weiteres die Geschäftsadresse von „Brücke“.


Berlinerstrasse in Dresden

1907
Intensive Arbeit an Holzskulpturen, von denen allerdings mit einer Ausnahme keine erhalten sind.

Im Sommer erster langer Aufenthalt zusammen mit Schmidt-Rottluff im oldenburgischen Seebad Dangast, bzw. in  Dangastermoor,  dessen Landschaft seine Malerei in diesem und den folgenden drei Jahren stark prägen wird.

In Hamburg persönliche Begegnung mit dem Juristen Gustav Schiefler, der die Brücke-Künstler bis in die 30er Jahre als väterlicher Mentor, Sammler und Publizist begleitet.

Im Oktober Rückkehr nach Dresden. Eigenes Atelier in der Mansarde über der elterlichen Wohnung. Erste Lithographien entstehen (65 in diesem Jahr).


Fränzi um 1910 (Foto von Ernst Ludwig Kirchner)

1908
Von März bis Oktober in Dangast. Ausstellung mit Schmidt-Rottluff in Oldenburg. - Brücke-Ausstellung bei Emil Richter in Dresden.

Aufenthalte in Hamburg und Berlin.

1909
Vom Februar bis Juni auf Italienreise. Längerer Aufenthalt mit eigenem Atelier in Rom, in dessen Umgebung zahlreiche Zeichnungen entstehen. Abstecher bis nach Neapel.

Im Sommer gemeinsam mit Kirchner und ihren Modellen, darunter die noch kindlichen Fränzi und Marcella, an den Moritzburger Teichen bei Dresden. Das Arbeiten an bewegten Szenen im Freien geübt.- Anschließend bis Dezember wieder in Dangast.

1910
Im Frühjahr bei Pechstein in Berlin. Kontakt zu Otto Mueller, der „Brücke“ beitritt und mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden wird.

Im Herbst eine große „Brücke“-Ausstellung in der Dresdner Galerie Arnold, zu der die Künstler einen Katalog mit in Holz geschnittenen Abbildungen von ihren Bildern gestalten.

Höhepunkt der engen Zusammenarbeit mit Kirchner in dessen Atelier und wiederum an den Moritzburger Teichen. Oft malen beide Seite an Seite das gleiche Motiv.

Im Spätherbst Bezug eines neuen eigenen Ateliers an der Falkenbrücke 2a. Heckel lernt die Tänzerin mit dem Künstlerpseudonym Sidi Riha (mit bürgerlichem Namen Milda Georgi, geboren 1891) kennen, die von nun an sein wichtigstes Modell und unter dem Namen Siddi seine lebenslange Partnerin wird (Eheschließung 1915).


Sidi Riha um 1910 / 1911 (Foto von Ernst Ludwig Kirchner)

1911
Im Frühjahr erscheint die 6. Jahresmappe von „Brücke“, die Heckel gewidmet ist, mit drei Graphiken, darunter dem berühmten Farbholzschnitt „Stehendes Kind“ (Fränzi).

Im Sommer, zusammen mit Siddi, erster längerer Aufenthalt an der Ostsee, in Prerow auf dem Darss. Danach ein letztes Mal an den Moritzburger Teichen.

Im Dezember Wechsel von Dresden nach Berlin, wo Heckel mit Siddi eine Dachwohnung in der Mommsenstraße 60 (heute Markelstraße) bezieht, deren Dürftigkeit sie durch selbstgebatikte und bemalte Stoffe verkleiden.

1912
In Berlin, wo sich das zeitgenössische Kunstleben stärker als in Dresden konzentriert, macht Heckel nach und nach persönliche Bekanntschaften, die für sein weiteres Leben von Bedeutung sind. So lernt er u.a. Franz Marc und August Macke, später Lyonel Feininger kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden wird, ebenso Museumsdirektoren, Kunsthändlern und Publizisten, vor allem aber den Assistenten  an der Nationalgalerie Berlin, Walter Kaesbach, der sein engster Verbündeter und Sammler in den folgenden Jahren und Freund bis ans Lebensende bleiben wird. –

Die Galerie „Der Sturm“ (Herwarth Walden) beginnt ihre öffentlichkeitswirksame Ausstellungstätigkeit mit „Brücke“ und „Blauer Reiter“. Auch die Galerie Gurlitt präsentiert die Werke der Künstlergruppe. Israel B. Neumann wird in den folgenden Jahren sein wichtigster Graphik-Händler. In Köln findet die international ausgerichtete Sonderbundsausstellung statt, in deren Rahmen „Brücke“ neben den großen Malern der Gegenwart an die Öffentlichkeit tritt. Auch haben Kirchner und Heckel den Auftrag erhalten, einen Kapellenraum, der den Glasfenstern von Thorn-Prikker gewidmet ist, auszumalen.

Aufenthalt mit Siddi auf der Ostsee-Insel Hiddensee und Besuch bei Kirchner und dessen Partnerin Erna Schilling, die den Sommer auf Fehmarn verbringen. – In diesen und dem folgenden Jahr wiederholte Aufenthalte in Caputh bei Potsdam.

Von seinem Bruder Manfred, der als Eisenbahnbauingenieur in Deutsch-Ostafrika tätig ist, erhält er afrikanische Objekte, die Bestandteil seiner Ateliereinrichtung bilden werden.

Beginn einer intensiven Dostojewski-Lektüre, die seine künstlerische Arbeit mit Motiven bereichert.

1913
Latente Spannungen zwischen den Künstlern, die aus Anlass der von Kirchner allzu einseitig verfassten Chronik der Gruppe offen zutage treten, führen zur Auflösung von „Brücke“.

Die erste Einzelausstellung Heckels findet in der Berliner Galerie von Fritz Gurlitt statt.


Heckel in Osterholz bei der Arbeit an der Holzskulptur "Frau", 1913

Im Juni ist er bei der Familie Schiefler in deren Landhaus in Mellingstedt an der Alster (vor den Toren Hamburgs) zu Gast. Zuvor erkundet er die Küste der Flensburger Förde und findet in dem winzigen Dorf Osterholz den Ort, an dem er mit Siddi von nun an alljährlich – mit der Unterbrechung durch den 1.Weltkrieg – Sommer und Herbst verbringen wird. Der einsame, durch die Steilküste geschützte Strand ist Schauplatz all der Badeszenen, die er in diesen Jahren zeichnen wird, und das hügelige Hinterland (Angeln) unerschöpflicher Gegenstand seiner Landschaftsmalerei bis 1943.

Im Spätsommer langes Krankenlager Siddis in Berlin. Heckels Bildwelt verdüstert sich. Trotzdem erweist sich 1913 als eines der produktivsten Jahre in seinem Werk.

1914
Im Mai Besuch bei dem Maler Heinrich Nauen in Schloss Dilborn am Niederrhein. Anschließend Reise nach Holland und Belgien. Kurzer Sommeraufenthalt in Osterholz, der durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges abgebrochen wird. Heckel lässt sich vom Roten Kreuz zum Pfleger ausbilden.

1915 - 1918
Heckel leistet Sanitätsdienst an Schwerverletzten in einem Berliner Lazarett.

Er wird im März 1915 in einen Sanitätszug nach Flandern versetzt, der unter der Leitung seines Freundes Walter Kaesbach steht. Dieser zieht vor allem Maler und Intellektuelle zu seiner Truppe und ermöglicht ihnen durch geschickte Diensteinteilung, neben ihren Pflichten in einem gewissen Ausmaß der künstlerischen Arbeit nachzugehen. Heckel lernt auf diese Weise neben den Malern Max Kaus, Anton Kerschbaumer und Otto Herbig den Juristen und Dichter aus dem Kreis um Stefan George, Ernst Morwitz, kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden wird. Morwitz, der Heckels allmähliche Wandlung als Künstler zu einer neuen Klassizität fördert, vermittelt ihm literarische Anregungen, u.a. die intensive Lektüre von Hölderlin und Jean Paul.


Heckel als Sanitäter in Ostende mit Ernst Morwitz (links) und Anton Kerschbaumer (rechts)

Der Sanitätszug wird in Ostende stationiert, wo Heckel mit einer kurzen Unterbrechung in Gent, bis zum Kriegsende 1918 Dienst tun wird. Ab 1916 übernimmt er von Kaesbach, der zum Rotkreuz-Delegierten ernannt wird, die Leitung des Sanitätszuges.


Krankensammelstelle der 4. Armee bei Poelcapelle, 1915 (Heckel in der Mitte)


Gemälde Ostender Madonna, auf zwei Zeltbahnen gemalt

Er schließt mit dem in der Nachbarschaft lebenden James Ensor Bekanntschaft.

Zur Weihnachtsfeier für die Krankensammelstelle malt Heckel  1915 auf zwei zusammengenähten Zeltbahnen  die sog. Ostender Madonna, die Kaesbach anschließend in der Nationalgalerie in Berlin deponieren lässt. Sie wird in der Nachkriegszeit sein populärstes Werk sein.

Trotz des Krieges werden durch Aufsätze und durch Abbildungen in Kunstzeitschriften, durch Auflagendrucke von neu entstandenen Graphiken und  über den Kunsthandel in den großen Städten die Werke der Expressionisten verbreitet. Besondere Verdienste erwirbt sich dabei der Kunstsalon Ludwig Schames in Frankfurt am Main, der 1916 seine erste Heckel-Ausstellung veranstaltet. Siddi übernimmt die Aufgabe der Sachwalterin in Heckels Berliner Atelier.

Am 15. November 1918, vier Tage nach dem Waffenstillstand, wird Heckel aus dem Militärdienst entlassen und kehrt nach Berlin zurück. – Er ist Gründungsmitglied im „Arbeitsrat für Kunst“ und nimmt für kurze Zeit an der „Novembergruppe“ teil. Noch im Dezember dieses Jahres kauft die Nationalgalerie Berlin für ihre neugegründete Abteilung der Moderne zwei Gemälde Heckels an.

1919
Vom Mai bis November halten sich Heckel und Siddi im schon vertrauten Osterholz an der Flensburger Förde auf, wo sie ein Bauernhaus, das direkt über der Steilküste liegt, mit der kleinen dazugehörenden Landwirtschaft erwerben können. Heckel baut sich im Dach einen Atelierraum aus, dessen Holzverschalung er mit Wandbildern bemalt.


Das Haus in Osterholz von der Landseite gesehen

Im Dezember bezieht das Ehepaar in Berlin eine neue Atelierwohnung in der Emserstraße 21 (Wilmersdorf).

Durch Morwitz wird Heckel in den Freundeskreis um Stefan George eingeführt, ohne jedoch dem Dichter, der seine Kunst ablehnt, jemals persönlich zu begegnen.

Auf Anregung Kaesbachs beruft Ludwig Justi Heckel in die Ankaufskommission der Nationalgalerie für die im Kronprinzenpalais aufzubauende Sammlung zeitgenössischer Kunst.

Die Kestner-Gesellschaft in Hannover veranstaltet die erste umfassende Heckel-Ausstellung (mit 230 Werken). -  In Zusammenarbeit mit dem Kunsthändler I.B. Neumann in Berlin entstehen die ersten Auflagendrucke nach dem Krieg.

1920
Nach dem Sommeraufenthalt in Osterholz, bei dem sich Heckels auch an der landwirtschaftlichen Arbeit beteiligen, reisen sie im Herbst über Tübingen an den Bodensee. Es ist die erste der von nun an alljährlich, meist im Frühjahr stattfindenden Reisen nach Süddeutschland und später auch ins europäische Ausland, von denen Heckel eine reiche Ausbeute an Zeichnungen nach Hause zu bringen pflegt.


Die Welt des Mannes

1921
Walter Kaesbach, der inzwischen die Leitung des Angermuseums in Erfurt übernommen hat, beauftragt Heckel mit der Ausmalung eines schmalen, hohen Raumes im Museum. Finanziert wird das Vorhaben durch den Erfurter Industriellen und Mäzen Alfred Hess. Heckel schließt die Arbeit an dem Wandbildzyklus in Secco-Technik, der später mit dem Titel „Lebensstufen“ bezeichnet wird, 1923 ab, muss aber bald schon wegen der aufsteigenden Nässe in den Wänden Ausbesserungen vornehmen. Die Wandmalerei hat sich mit Ausnahme der durch Feuchtigkeit  zerstörten Sockelzone bis heute erhalten und kann besichtigt werden.

I.B. Neumann gibt die Mappe „11 Holzschnitte“ mit Arbeiten aus den Jahren 1912 bis 1919 in einer Auflage von 40 Exemplaren heraus.

1922 - 1925
Es festigt sich die Einteilung des Jahres, wonach der Winter für die Arbeit im Berliner Atelier reserviert ist, aus der die Malerei und Graphik hervorgeht, das Frühjahr für die Reisen in den Süden, vor allem in die bayrischen und Schweizer Alpen, der Sommer und Herbst für die Aufenthalte an der Flensburger Förde.

1923 ist Otto Mueller für einige Wochen mit in Osterholz. Als sog. Sommerkinder pflegen alljährlich ein oder zwei der Söhne und Töchter von Heckels Schwester oder von Freunden ihre Ferien mit Heckels an der Förde zu verbringen und die Strandszenen zu bereichern.

1926 und 1929
Ausgedehnte Frühjahrsreisen nach Südfrankreich, sowohl in die Provence als auch in den Südwesten mit den Pyrenäen, dem Baskenland und der Gegend um Bordeaux. Es entstehen weiträumige Landschaften, Hafen- und Städteansichten.

1927
Erste Einzelausstellung bei Ferdinand Möller in Berlin, der in den folgenden Jahren sein wichtigster Kunsthändler bleibt.

Längerer Aufenthalt in Würzburg, wo Heckels auf dem Gut der Malerin Gertraud Rostosky zu Gast sind.

1928 - 1929
Im Herbst 1928 Reise über Hamburg nach Dänemark und Schweden.

1929 erwirbt Max Sauerlandt für das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe die Holzskulptur „Große Stehende“ aus dem Jahr 1912, die seit 1937 verschollen ist.

1930
Im Herbst stirbt Otto Mueller in Breslau. Heckel und Schmidt-Rottluff ordnen gemeinsam den Nachlass des Malers. – Heckel malt Bildnisse der Künstlerfreunde Otto Mueller, James Ensor, Christian Rohlfs.

Er beginnt den Brauch, zum Jahreswechsel einen kleinen Holzschnitt mit symbolischer Botschaft  an die Freunde zu verschicken. Bis 1968 entstehen 38 solcher sog. Jahresblätter.

Immer häufiger wird er nun zur Geschichte von „Brücke“ befragt. - Siddi beschäftigt sich mit der Erfassung des bisher entstandenen Werks.

1931
Der Chemnitzer Kunstverein „Kunsthütte“ veranstaltet eine Retrospektive mit 100 Gemälden aus den Jahren 1906 bis 1930. Den Katalog stattet Heckel mit Original-Holzschnitten aus. Im gleichen Jahr erscheint in der Reihe „Junge Kunst“ eine erste schmale Monographie. Autor ist der Mitarbeiter der Nationalgalerie, Ludwig Thormaehlen. – Gleichzeitig erscheint im Euphorion-Verlag (Ernst Rathenau) als erster Band in der Reihe „Graphik der Gegenwart“ ein Überblick über sein druckgraphisches Werk, ebenfalls mit Originalholzschnitten ausgestattet.


Siddi und Erich Heckel in Osterholz, 1930er Jahre

1933 - 1936
Seinen 50. Geburtstag verbringt Heckel in der Abgeschiedenheit von Osterholz.

Noch werden seine Werke aus neuerer Zeit ausgestellt und publiziert. Das Kronprinzenpalais kauft noch Zeichnungen von ihm an. Innerhalb des Nationalsozialismus wird darüber gestritten, ob der Expressionismus als legitime deutsche Kunst anzuerkennen sei. – Unter einem Aufruf von Kulturschaffenden aus allen Sparten, den der „Völkische Beobachter“ am 17. August 1934 veröffentlicht, findet sich auch Heckels Unterschrift.

Sein druckgraphisches Schaffen kommt zum Erliegen.

1935 erster Besuch bei Walter Kaesbach in Hemmenhofen am Bodensee.

1936 wird der Deutsche Künstlerbund zwangsweise der Reichskammer der Bildenden Künste angegliedert. Eine letzte Ausstellung des Künstlerbundes in Hamburg, an der auch Heckel beteiligt ist, wird nach wenigen Tagen von der Regierung geschlossen.

Reise nach Sizilien. Im Herbst längerer Aufenthalt am Untersee (Bodensee).

Im November stirbt Heckels Bruder Manfred in Dresden an einem Gehirnschlag.

1937
Über Heckel wird – wie über alle anderen Vertreter der Moderne -  ein Ausstellungsverbot verhängt; er darf aber weiter malen. Im Rahmen der staatlich verordneten allgemeinen „Säuberungsaktion“ werden von ihm 746 Arbeiten aus deutschen Museen entfernt. 15 seiner Werke werden in der propagandistischen Wanderausstellung „Entartete Kunst“, die im Sommer in München beginnt, vorgeführt.

1939
Heckel gibt sein Osterholzer Atelier auf, kommt aber bis Herbst 1943 noch regelmäßig in die Gegend. Seine dortigen Wandmalereien werden später von zeitweiligen Bewohnern des Hauses zerstört.

1940 - 1943
Jährliche Aufenthalte in Österreich: in Kärnten, in der Steiermark, in der Wachau und in der Umgebung von Wien.

Wegen der Bombenangriffe auf Berlin beginnt Heckel einen großen Teil der in seinem Besitz verbliebenen Werke in verschiedenen Depots auszulagern. Den umfangreichsten Bestand kann er in einem Stollen des Salzbergwerks Neustassfurt unterbringen, wo auch die Sammlung des Museums Magdeburg deponiert wird.


Heckel am Arbeitstisch im Haus am See in Hemmenhofen, um 1945

1944
Am 30. Januar wird seine Atelierwohnung mit allen noch darin befindlichen Werken durch eine Brandbombe zerstört. Behelfsmäßige Unterkunft bei Bekannten. Im Mai, einem Vorschlag Walter Kaesbachs folgend, Umzug an den Bodensee. Ab September in Hemmenhofen, wo Heckels eine Wohnung im direkt am See gelegenen Sommerhaus eines Architekten zugewiesen wird. Der großzügige Raum, den er als Wohnatelier nutzen wird, ist in den Wintermonaten kaum heizbar.

Die Dörfer in der „Höri“ genannten Gegend am Untersee, nahe der Schweizer Grenze, beherbergen in den letzten Kriegsjahren und der ersten Nachkriegszeit zahlreiche Künstler und Intellektuelle, die hier für einige Jahre Zuflucht finden.

1945
Kurz nach Kriegsende erhält Heckel die Nachricht, dass das bombensichere Depot in Neustassfurt vermutlich durch Brandstiftung komplett vernichtet ist. – Ob die an anderen Stellen lagernden Bilderkisten, die später an ihn zurückgehen werden, sich erhalten haben, ist zunächst ungewiss. Seinem Freund, dem Maler Max Kaus, ist zu verdanken, dass die Kiste mit der Druckgraphik gerettet ist. – Heckel macht sich daran, einige der zerstörten Bilder erneut zu malen.

In Überlingen am Bodensee wird auf Initiative von Walter Kaesbach die erste Ausstellung moderner Kunst nach dem Krieg veranstaltet. Heckel liefert den Holzschnitt für den Umschlag des kleinen Katalogheftes.

Er beginnt nach langer Unterbrechung mit der Herstellung von Lithographien, die er mangels Lithostein und mangels Duckerpresse auf Gartentrittplatten aus Solnhofer Schiefer von Hand druckt.

1946 - 1948
Aufforderungen und Angebote, nach Berlin zurückzukehren und ein Lehramt an der Hochschule der Künste zu übernehmen, lehnt Heckel ab. Gründungsmitglied der „Badischen Secession“. – 1947 stellt Gottfried Sello in seiner „Galerie der Jugend“ in Hamburg die inzwischen aus ostdeutschen Depots zurückgekommenen Bilder Heckels aus.

Dank Einladung durch amerikanische Freunde ist im Winter 1947/48 ein erster Aufenthalt in den Schweizer Bergen (bei Flims in Graubünden) möglich.

Der Arzt Dr. Lovis Gremliza gibt mit seiner „Lovis-Presse“ in Schwenningen den auf der Höri lebenden Künstlern, so auch Heckel, die Gelegenheit, zum ersten Mal wieder Auflagendrucke von ihrer Graphik zu machen. –

Der Obstbauer Paul Weber im nahe gelegenen Bodman wird, beraten von Walter Kaesbach, zum Kunstsammler und verhilft den Malern auf der Höri zu den hochwillkommenen Naturalien.


Heckel in seinem Atelier an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe


Heckel inmitten von Schülern der Malklasse an der Karlsruher Akademie

1949
Heckel wird im Herbst als Professor für Malerei an die nach dem Krieg wiedereröffnete Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe berufen. Er übt seine Lehrtätigkeit bis zum Jahr 1955 aus, behält aber in dieser Zeit seinen Wohnsitz in Hemmenhofen.


Heckel in Hemmenhofen beim Skizzieren, um 1950

1950 - 1955
Während der Semesterferien Aufenthalte am Untersee sowie im Schwarzwald und auch wieder auf Sylt.

Der Einsatz für seine Schüler, die Teilnahme an Jurys und andere Verpflichtungen lassen wenig Zeit für seine eigene Malerei. -  Es beginnt aber auch die Zeit der öffentlichen Ehrungen; der 70. Geburtstag ist Anlass für retrospektive Ausstellungen; der Kunstmarkt blüht auf und entdeckt von neuem die frühe Moderne; die Expressionisten werden zu Klassikern, während die zeitgenössische Kunst ganz andere Wege geht. Dennoch wählt man Heckel 1950 im wiedergegründeten „Deutschen Künstlerbund“ zum Vorstandsmitglied. Ebenso ist er Gründungsmitglied des Künstlerbundes Baden-Württemberg. – Die erste „documenta“ in Kassel präsentiert Arbeiten auch der ehemaligen Brücke-Maler.

1953 wird ein kleines Haus, erbaut am Hang oberhalb des Dorfes, bezugsfertig. Heckels werden es ab 1955, nach dem Rückzug aus dem Lehramt, bewohnen.

Von 1955 bis 1965 alljährliche Sommeraufenthalte im Oberengadin, aber auch wieder im Tessin und an den Mittelmeer- und Atlantik-Küsten. Ein reiches Alterswerk entsteht.

Bei diesen Reisen und Aufenthalten werden Heckel und seine Frau meist von seinem Freund Ernst Morwitz und dessen Gefährtin Olga M. Perlzweig begleitet. Morwitz lebt in den USA, wohin er 1938 emigriert war.

1956 - 1963
Heckels Nichte Ruth übernimmt es, den Haushalt von Erich und Siddi Heckel bis an deren Lebensende zu führen.

1958 veranstaltet das Museum Folkwang in Essen die erste große retrospektive „Brücke“-Ausstellung. Heckel gibt dem Kunsthändler Roman Norbert Ketterer ein ausführliches Interview über die Anfänge der Künstlergruppe, das sich als Tonbandaufzeichnung erhalten hat.


Heckel bei der Arbeit am Litho-Stein in der Erker-Presse St. Gallen, 1963

1963, aus Anlass des 80.Geburtstages, gewichtige Ausstellungen in Berlin, Hamburg, Essen, Karlsruhe, Stuttgart und München. – Heckel vollendet seine letzten vier Leinwandbilder.

1964 - 1965
Der zweibändige Katalog der Druckgraphik, erstellt von Annemarie und Wolf-Dieter Dube, erscheint 1964 im Verlag Ernest Rathenau, New York, ein Jahr darauf die Monographie von Paul Vogt, die als Anhang das erste Werkverzeichnis der Gemälde enthält, bei Aurel Bongers in Recklinghausen.

Das Museum Folkwang in Essen erwirbt das annähernd komplette Archiv der Druckgraphik.

In Berlin ergeht der Beschluss zum Bau des Brücke-Museums, das als Stiftung von Schmidt-Rottluff dessen Nachlass aufnehmen wird. Heckel wird sich in den folgenden Jahren mit umfangreichen Schenkungen aus seinem Bestand an eigenen Werken wie auch solchen der anderen Brücke-Künstler am Aufbau der Sammlung beteiligen.

1966 - 1967
Es entsteht noch einmal ein reiches lithographisches Oeuvre.

Heckel wird in den Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste gewählt.

In Berlin eröffnet das Brücke-Museum unter der Leitung von Leopold Reidemeister. – Heckel übergibt der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe ein umfangreiches Werkkonvolut als Stiftung. Das Altonaer Museum in Hamburg erhält u.a. seine Sammlung bemalter Postkarten als Geschenk.


Der 80-jährige Heckel (Foto von Ernest Rathenau)

1968 - 1970
Die letzten Arbeiten auf Papier entstehen.

Im Mai 1968 erleidet Heckel im Tessin einen Schlaganfall, kann aber nach einem Aufenthalt in einer Klinik nach Hemmenhofen zurückkehren.

Er stirbt am 27. Januar 1970 im Krankenhaus Radolfzell.


Siddi Heckel bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes, 1977

Siddi führt seine Vermächtnisse fort und schafft die Voraussetzung für eine geordnete Verwaltung des Nachlasses. 1977 wird sie mit dem Bundesverdienstkreuz  I. Klasse ausgezeichnet.

Sie stirbt am 9. Mai 1982, 91jährig, in Hemmenhofen.